Die Magie vom Wohlstand

Eine Zeitreise durch Deutschlands Wirtschaftspolitik, Olzog-Edition

Schlarmann, Josef

568 Seiten

35,00 €
Inkl. 7% Steuern

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Einleitung Dieses Buch ist für ein Lesepublikum geschrieben worden, das sich für die Wirtschaftspolitik in Deutschland und deren geschichtliche Hintergründe interessiert. Es beginnt mit der Zeit des Absolutismus und endet mit dem letzten Regierungsjahr von Angela Merkel. Das Buch ist kein wissenschaftliches Werk über die Geschichte der Wirtschaft. Nach klassischer Definition fasst man unter Wirtschaftspolitik alle Maßnahmen zusammen, mit denen der Staat im weitesten Sinn die »Wirtschaftsordnung« eines Landes gestaltet und bewusst die »wirtschaftlichen Abläufe« steuert. Das Buch will interessierten Lesern zeigen, wie solche wirtschaftspolitischen Prozesse in den verschiedenen historischen Phasen abgelaufen sind. Behandelt werden auch die ökonomischen Lehrmeinungen, die sich hinter den wirtschaftspolitischen Maßnahmen verbergen. Die Präferenzen des Autors werden dabei nicht verschwiegen. Die folgende Zusammenfassung soll dem geneigten Leser einen ersten Überblick über den Inhalt des Buches geben. Die Wirtschaftspolitik als Teil staatlicher »Regierungskünste« wurde von den absolutistischen Fürsten des 17. und 18.Jahrhunderts erfunden, als die wirtschaftlichen Verhältnisse in Deutschland noch vom Feudalismus und von den Zünften geprägt wurden. Die als Merkantilismus oder Kameralistik bezeichnete Wirtschaftspolitik diente den Landesherren vornehmlich dazu, die Staatskasse aufzufüllen, um die fürstliche Hofhaltung zu finanzieren, Kriege zu führen oder das Land nach den Verheerungen des Dreißigjährigen Krieges wieder aufzubauen. Dazu erfanden ihre Beamten ein Bündel von Maßnahmen, mit denen man die Wirtschaft modernisieren wollte, allerdings ohne ihre mittelalterlichen Strukturen infrage zu stellen. Infolgedessen blieben die Wirkungen des Merkantilismus auf Beschäftigung und Einkommen der vorwiegend bäuerlichen Bevölkerung gering. Ende des 18.Jahrhunderts gewann das liberale Denken an Einfluss und es wuchs die Einsicht, dass die mittelalterlichen Verhältnisse durch eine marktwirtschaftliche Ordnung ersetzt werden mussten, um eine Verbesserung der Lebensverhältnisse herbeizuführen. In Großbritannien hatte man damit gute Erfahrungen gemacht. In Frankreich führte die Revolution von 1789 zur Einführung einer liberalen Wirtschaftsordnung. In den deutschen Fürstenstaaten änderten sich die Verhältnisse erst, als Napoleon mit seinen Truppen die Rheinlande besetzte und dann in der Schlacht bei Jena und Auerstedt die Preußen besiegte. Dort, wo Napoleon herrschte, wurden die Bauern befreit und die Gewerbefreiheit eingeführt. In dem besiegten Preußen waren es die leitenden Minister Stein und Hardenberg, die dem Land mit einer »Revolution von oben« die Bauernbefreiung und die Gewerbefreiheit verordneten. Ziel der preußischen Reformen war, die schöpferischen Kräfte in der Wirtschaft freizusetzen, um dem von Napoleon geschundenen Preußen wieder auf die Beine zu helfen. Es sollte aber noch Jahrzehnte dauern, bis sich das Land vom Agrarstaat zum Industriestaat entwickelte. Für einen solchen Transformationsprozess fehlten in Deutschland sowohl die Unternehmer, Techniker und Finanziers als auch ausreichend große Märkte mit einer potenten Käuferschicht. Stattdessen gab es eine wachsende Bevölkerung, die nur über geringes Einkommen verfügte, und eine stetig größer werdende Schar von Arbeitslosen, die keine Arbeit fanden und in Not und Elend lebten. Mit der Bauernbefreiung und der Gewerbefreiheit allein war es also nicht getan, um die ­Lebensverhältnisse der Unterschichten zu verbessern. An Hilfe vonseiten des Staates war nicht zu denken, weil das Staatswesen in Deutschland nach den Napoleonischen Kriegen selbst am Boden lag. Erst mit dem von Preußen initiierten Deutschen Zollverein, der Verbreitung der Eisenbahn in Deutschland und einer konsequenten liberalen Wirtschaftspolitik änderten sich die wirtschaftlichen Verhältnisse allmählich zum Besseren. Neben dem traditionellen häuslichen Handwerk und den fürstlichen Manufakturen entstanden nach englischem Vorbild die ersten »Fabriken«, in denen dank eines großen Reservoirs an billigen Arbeitskräften mithilfe von Maschinen wettbewerbsfähige Massenprodukte hergestellt wurden. Der Aufruf von Karl Marx aus dem Jahr 1848 gegen die kapitalistische Ausbeutung - »Proletarier aller Länder, vereinigt euch!« - richtete sich an diese erste Generation von Industriearbeitern. Den durch die preußischen Reformen erhofften »Wirtschaftsaufschwung« erlebte Deutschland erst in der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts, und zwar im Zuge der Reichsgründung durch Otto von Bismarck. Auf der Grundlage einer liberalen Finanz- und Industriepolitik und naturwissenschaftlicher Erkenntnisse entstanden zunächst in den Bereichen Kohle, Stahl und Maschinenbau und dann in den Sektoren Chemie und Elektrizität große »Industriebetriebe« mit Hunderten von Arbeitern. Dadurch verwandelte sich Deutschland in knapp fünf Jahrzehnten von einem rückständigen Agrarstaat in eine führende Indus­trienation, die den wirtschaftlichen Anschluss an die westlichen Länder fand bzw. diese sogar überholte. Das von Bismarck geschaffene und bis heute existierende Sozialversicherungssystem fällt ebenfalls in diese Zeit. Mit dem Ersten Weltkrieg fand diese Ära ein jähes Ende. An die ­Stelle der liberalen Wirtschaftsordnung trat die Kriegswirtschaft mit einem »staatlich gelenkten zentralen Wirtschaftssystem«, das Heer und ­Marine mit Kriegsmaterial ausstattete und der Bevölkerung die knappen Lebensmittel zuteilte. Der Krieg, der ca. 22 Millionen Menschen das Leben kostete, endete mit einer Kapitulation, erheblichen Landverlusten, hohen Reparationsverpflichtungen sowie einer zerstörten Währung. Die nachfolgende Weimarer Republik hatte vor allem mit den Folgen dieses verlorenen Krieges zu tun. In ihrer Verfassung bekannte sie sich zu einer sozialpolitisch ausgerichteten Marktwirtschaft, aufgrund der zahlreichen Wirtschaftskrisen (hohe Kriegsschulden, galoppierende Inflation, Weltwirtschaftskrise, Arbeitslosigkeit) war ihre Wirtschaftspolitik aber stark interventionistisch geprägt. Zu den ordnungspolitischen Schwächen der Weimarer Wirtschaftspolitik gehörte außerdem die hohe Konzentration der Wirtschaft. Die Bildung von Monopolen und Kartellen wurde toleriert und außenwirtschaftlich geschützt. Die in der Weltwirtschaftskrise stark angestiegene ­Arbeitslosigkeit half Adolf Hitler, »legal« an die Macht zu kommen, um dann »mit Gewalt« jegliche Opposition auszuschalten. Hitler spielte dabei in die ­Hände, dass sich der Liberalismus überall in Europa auf dem Rückzug befand und durch kollektive bzw. diktatorische Systeme abgelöst wurde. Von Beginn an plante Hitler den Krieg. Dazu steuerte er mit finanzieller Hilfe der Reichsbank und durch Lenkung der Industrie die Friedenswirtschaft in Richtung Kriegswirtschaft um. Die dadurch ausgelösten Rüstungsaufträge (und nicht der Autobahnbau) brachten die Millionen Arbeitslosen schnell wieder in Arbeit, was dem Ansehen der neuen Machthaber Aufschwung gab. Nach dem Krieg führten die Besatzungsmächte mithilfe der deutschen Behörden das Bewirtschaftungssystem fort, bis es 1948 in Zusammenhang mit der Einführung der D-Mark von Ludwig Erhard (CDU) abgeschafft wurde. Damit begann die Ära der »Sozialen Marktwirtschaft«, die zu einem steilen und nachhaltigen Wirtschaftswachstum führte, das als »deutsches Wirtschaftswunder« in die Geschichte eingegangen ist. Den Sinn dieser Wirtschaftsordnung sah der Ökonom Müller-Armack darin, »das Prinzip der Freiheit des Marktes mit dem des sozialen Ausgleichs zu verbinden«. Bei der praktischen Umsetzung ließ sich Ludwig Erhard von den Ordo-Liberalen der Freiburger Schule beraten, deren zentraler Lehrsatz lautete: »Die wirtschaftspolitische Tätigkeit des Staates sollte auf die Gestaltung der Ordnungsformen der Wirtschaft gerichtet sein, nicht auf die Lenkung des Wirtschaftsprozesses.« Dementsprechend erfolgte der Wiederaufbau nach dem Krieg nicht durch den Staat, sondern durch die Privatwirtschaft. An diesem Grund...

Josef Schlarmann begibt sich auf eine Zeitreise durch Deutschlands Wirtschaftspolitik von der Zeit des Absolutismus bis zur Klimapolitik von Angela Merkel. Das umfassende Werk bietet eine große historische Gesamtschau der wirtschaftspolitischen Prozesse und erzählt, wie sie in den verschiedenen Phasen der deutschen Geschichte abgelaufen sind. Die Zeitreise beginnt mit der Wirtschaftspolitik des Merkantilismus, mit der die absoluten Fürsten des 17. und 18.Jahrhunderts unter feudalen Bedingungen ihre Kasse anreichern wollten. Es waren die preußischen Reformer Stein und Hardenberg, welche die deutsche Wirtschaft von den Fesseln des Mittelalters befreiten, indem sie die Zünfte aufhoben und die Bauern befreiten. So konnte Deutschland in der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts nach Beseitigung der Kleinstaaterei und mit einer liberalen Wirtschaftspolitik zu den erfolgreichen westlichen Nachbarn aufschließen. Der Autor beschreibt dann, wie diese erste Wohlstandsperiode aufgrund von zwei Weltkriegen endete und die liberale Wirtschaftsordnung durch staatliche Kriegswirtschaftssysteme ersetzt wurde. Erst als Ludwig Erhard die Soziale Marktwirtschaft einführte, waren die Voraussetzungen für das zweite Wirtschaftswunder geschaffen, das sein Nachfolger Karl Schiller durch die »keynesianische Nachfragesteuerung« verstetigen wollte. Seitdem bewegte sich die deutsche Wirtschaftspolitik zwischen den Polen Marktliberalismus und Staatsinterventionismus. Josef Schlarmann setzt sich auch ausführlich mit der Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft in eine »sozialökologische Marktwirtschaft« auseinander, mit der zu Beginn des 21.Jahrhunderts eine neue Epoche der Wirtschaftspolitik begonnen hat. Kennzeichnend dafür sind insbesondere die Neuinterpretation des Begriffs »Wohlstand« im Sinne von Klimaneutralität und die politische Bereitschaft, sie mit staatlichen Zwangsmitteln - komme, was wolle - durchzusetzen.

Diplom Volkswirt Dr. Josef Schlarmann, geb. 1939, war beruflich als Rechtsanwalt, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer in Hamburg tätig. Bei dem bekannten Staatsrechtslehrer Herbert Krüger promovierte er zum Thema kooperativer Formen der Wirtschaftspolitik. Josef Schlarmann war seit seiner Studentenzeit politisch aktiv. Von 2005 bis 2013 war er Bundesvorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU/CSU (MIT) und Mitglied des Bundesvorstandes der CDU. Das politische Engagement von Josef Schlarmann galt dem deutschen Mittelstand und der Sicherung der Sozialen Marktwirtschaft als maßgebliche Wirtschaftsordnung. Hierzu hat er sich in den politischen Gremien in Berlin und den Printmedien immer wieder pointiert geäußert. Sein Wort zählt auch heute, wie die Zahl seiner Leser in den sozialen Medien zeigt.

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Autor Schlarmann, Josef
Verlag Lau-Verlag & Handel KG
ISBN 9783957682512
ISBN/EAN 9783957682512
Lieferzeit 5 Werktage(inkl . Versand)
Erscheinungsdatum 14.07.2023
Einband Gebunden
Format 4.2 x 23.4 x 16.2
Seitenzahl 568 S.
Gewicht 947

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Verlag Lau-Verlag & Handel KG
ISBN 9783957682512
Erscheinungsdatum 14.07.2023
Einband Gebunden
Format 4.2 x 23.4 x 16.2
Gewicht 947

Einleitung Dieses Buch ist für ein Lesepublikum geschrieben worden, das sich für die Wirtschaftspolitik in Deutschland und deren geschichtliche Hintergründe interessiert. Es beginnt mit der Zeit des Absolutismus und endet mit dem letzten Regierungsjahr von Angela Merkel. Das Buch ist kein wissenschaftliches Werk über die Geschichte der Wirtschaft. Nach klassischer Definition fasst man unter Wirtschaftspolitik alle Maßnahmen zusammen, mit denen der Staat im weitesten Sinn die »Wirtschaftsordnung« eines Landes gestaltet und bewusst die »wirtschaftlichen Abläufe« steuert. Das Buch will interessierten Lesern zeigen, wie solche wirtschaftspolitischen Prozesse in den verschiedenen historischen Phasen abgelaufen sind. Behandelt werden auch die ökonomischen Lehrmeinungen, die sich hinter den wirtschaftspolitischen Maßnahmen verbergen. Die Präferenzen des Autors werden dabei nicht verschwiegen. Die folgende Zusammenfassung soll dem geneigten Leser einen ersten Überblick über den Inhalt des Buches geben. Die Wirtschaftspolitik als Teil staatlicher »Regierungskünste« wurde von den absolutistischen Fürsten des 17. und 18.Jahrhunderts erfunden, als die wirtschaftlichen Verhältnisse in Deutschland noch vom Feudalismus und von den Zünften geprägt wurden. Die als Merkantilismus oder Kameralistik bezeichnete Wirtschaftspolitik diente den Landesherren vornehmlich dazu, die Staatskasse aufzufüllen, um die fürstliche Hofhaltung zu finanzieren, Kriege zu führen oder das Land nach den Verheerungen des Dreißigjährigen Krieges wieder aufzubauen. Dazu erfanden ihre Beamten ein Bündel von Maßnahmen, mit denen man die Wirtschaft modernisieren wollte, allerdings ohne ihre mittelalterlichen Strukturen infrage zu stellen. Infolgedessen blieben die Wirkungen des Merkantilismus auf Beschäftigung und Einkommen der vorwiegend bäuerlichen Bevölkerung gering. Ende des 18.Jahrhunderts gewann das liberale Denken an Einfluss und es wuchs die Einsicht, dass die mittelalterlichen Verhältnisse durch eine marktwirtschaftliche Ordnung ersetzt werden mussten, um eine Verbesserung der Lebensverhältnisse herbeizuführen. In Großbritannien hatte man damit gute Erfahrungen gemacht. In Frankreich führte die Revolution von 1789 zur Einführung einer liberalen Wirtschaftsordnung. In den deutschen Fürstenstaaten änderten sich die Verhältnisse erst, als Napoleon mit seinen Truppen die Rheinlande besetzte und dann in der Schlacht bei Jena und Auerstedt die Preußen besiegte. Dort, wo Napoleon herrschte, wurden die Bauern befreit und die Gewerbefreiheit eingeführt. In dem besiegten Preußen waren es die leitenden Minister Stein und Hardenberg, die dem Land mit einer »Revolution von oben« die Bauernbefreiung und die Gewerbefreiheit verordneten. Ziel der preußischen Reformen war, die schöpferischen Kräfte in der Wirtschaft freizusetzen, um dem von Napoleon geschundenen Preußen wieder auf die Beine zu helfen. Es sollte aber noch Jahrzehnte dauern, bis sich das Land vom Agrarstaat zum Industriestaat entwickelte. Für einen solchen Transformationsprozess fehlten in Deutschland sowohl die Unternehmer, Techniker und Finanziers als auch ausreichend große Märkte mit einer potenten Käuferschicht. Stattdessen gab es eine wachsende Bevölkerung, die nur über geringes Einkommen verfügte, und eine stetig größer werdende Schar von Arbeitslosen, die keine Arbeit fanden und in Not und Elend lebten. Mit der Bauernbefreiung und der Gewerbefreiheit allein war es also nicht getan, um die ­Lebensverhältnisse der Unterschichten zu verbessern. An Hilfe vonseiten des Staates war nicht zu denken, weil das Staatswesen in Deutschland nach den Napoleonischen Kriegen selbst am Boden lag. Erst mit dem von Preußen initiierten Deutschen Zollverein, der Verbreitung der Eisenbahn in Deutschland und einer konsequenten liberalen Wirtschaftspolitik änderten sich die wirtschaftlichen Verhältnisse allmählich zum Besseren. Neben dem traditionellen häuslichen Handwerk und den fürstlichen Manufakturen entstanden nach englischem Vorbild die ersten »Fabriken«, in denen dank eines großen Reservoirs an billigen Arbeitskräften mithilfe von Maschinen wettbewerbsfähige Massenprodukte hergestellt wurden. Der Aufruf von Karl Marx aus dem Jahr 1848 gegen die kapitalistische Ausbeutung - »Proletarier aller Länder, vereinigt euch!« - richtete sich an diese erste Generation von Industriearbeitern. Den durch die preußischen Reformen erhofften »Wirtschaftsaufschwung« erlebte Deutschland erst in der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts, und zwar im Zuge der Reichsgründung durch Otto von Bismarck. Auf der Grundlage einer liberalen Finanz- und Industriepolitik und naturwissenschaftlicher Erkenntnisse entstanden zunächst in den Bereichen Kohle, Stahl und Maschinenbau und dann in den Sektoren Chemie und Elektrizität große »Industriebetriebe« mit Hunderten von Arbeitern. Dadurch verwandelte sich Deutschland in knapp fünf Jahrzehnten von einem rückständigen Agrarstaat in eine führende Indus­trienation, die den wirtschaftlichen Anschluss an die westlichen Länder fand bzw. diese sogar überholte. Das von Bismarck geschaffene und bis heute existierende Sozialversicherungssystem fällt ebenfalls in diese Zeit. Mit dem Ersten Weltkrieg fand diese Ära ein jähes Ende. An die ­Stelle der liberalen Wirtschaftsordnung trat die Kriegswirtschaft mit einem »staatlich gelenkten zentralen Wirtschaftssystem«, das Heer und ­Marine mit Kriegsmaterial ausstattete und der Bevölkerung die knappen Lebensmittel zuteilte. Der Krieg, der ca. 22 Millionen Menschen das Leben kostete, endete mit einer Kapitulation, erheblichen Landverlusten, hohen Reparationsverpflichtungen sowie einer zerstörten Währung. Die nachfolgende Weimarer Republik hatte vor allem mit den Folgen dieses verlorenen Krieges zu tun. In ihrer Verfassung bekannte sie sich zu einer sozialpolitisch ausgerichteten Marktwirtschaft, aufgrund der zahlreichen Wirtschaftskrisen (hohe Kriegsschulden, galoppierende Inflation, Weltwirtschaftskrise, Arbeitslosigkeit) war ihre Wirtschaftspolitik aber stark interventionistisch geprägt. Zu den ordnungspolitischen Schwächen der Weimarer Wirtschaftspolitik gehörte außerdem die hohe Konzentration der Wirtschaft. Die Bildung von Monopolen und Kartellen wurde toleriert und außenwirtschaftlich geschützt. Die in der Weltwirtschaftskrise stark angestiegene ­Arbeitslosigkeit half Adolf Hitler, »legal« an die Macht zu kommen, um dann »mit Gewalt« jegliche Opposition auszuschalten. Hitler spielte dabei in die ­Hände, dass sich der Liberalismus überall in Europa auf dem Rückzug befand und durch kollektive bzw. diktatorische Systeme abgelöst wurde. Von Beginn an plante Hitler den Krieg. Dazu steuerte er mit finanzieller Hilfe der Reichsbank und durch Lenkung der Industrie die Friedenswirtschaft in Richtung Kriegswirtschaft um. Die dadurch ausgelösten Rüstungsaufträge (und nicht der Autobahnbau) brachten die Millionen Arbeitslosen schnell wieder in Arbeit, was dem Ansehen der neuen Machthaber Aufschwung gab. Nach dem Krieg führten die Besatzungsmächte mithilfe der deutschen Behörden das Bewirtschaftungssystem fort, bis es 1948 in Zusammenhang mit der Einführung der D-Mark von Ludwig Erhard (CDU) abgeschafft wurde. Damit begann die Ära der »Sozialen Marktwirtschaft«, die zu einem steilen und nachhaltigen Wirtschaftswachstum führte, das als »deutsches Wirtschaftswunder« in die Geschichte eingegangen ist. Den Sinn dieser Wirtschaftsordnung sah der Ökonom Müller-Armack darin, »das Prinzip der Freiheit des Marktes mit dem des sozialen Ausgleichs zu verbinden«. Bei der praktischen Umsetzung ließ sich Ludwig Erhard von den Ordo-Liberalen der Freiburger Schule beraten, deren zentraler Lehrsatz lautete: »Die wirtschaftspolitische Tätigkeit des Staates sollte auf die Gestaltung der Ordnungsformen der Wirtschaft gerichtet sein, nicht auf die Lenkung des Wirtschaftsprozesses.« Dementsprechend erfolgte der Wiederaufbau nach dem Krieg nicht durch den Staat, sondern durch die Privatwirtschaft. An diesem Grund...

Josef Schlarmann begibt sich auf eine Zeitreise durch Deutschlands Wirtschaftspolitik von der Zeit des Absolutismus bis zur Klimapolitik von Angela Merkel. Das umfassende Werk bietet eine große historische Gesamtschau der wirtschaftspolitischen Prozesse und erzählt, wie sie in den verschiedenen Phasen der deutschen Geschichte abgelaufen sind. Die Zeitreise beginnt mit der Wirtschaftspolitik des Merkantilismus, mit der die absoluten Fürsten des 17. und 18.Jahrhunderts unter feudalen Bedingungen ihre Kasse anreichern wollten. Es waren die preußischen Reformer Stein und Hardenberg, welche die deutsche Wirtschaft von den Fesseln des Mittelalters befreiten, indem sie die Zünfte aufhoben und die Bauern befreiten. So konnte Deutschland in der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts nach Beseitigung der Kleinstaaterei und mit einer liberalen Wirtschaftspolitik zu den erfolgreichen westlichen Nachbarn aufschließen. Der Autor beschreibt dann, wie diese erste Wohlstandsperiode aufgrund von zwei Weltkriegen endete und die liberale Wirtschaftsordnung durch staatliche Kriegswirtschaftssysteme ersetzt wurde. Erst als Ludwig Erhard die Soziale Marktwirtschaft einführte, waren die Voraussetzungen für das zweite Wirtschaftswunder geschaffen, das sein Nachfolger Karl Schiller durch die »keynesianische Nachfragesteuerung« verstetigen wollte. Seitdem bewegte sich die deutsche Wirtschaftspolitik zwischen den Polen Marktliberalismus und Staatsinterventionismus. Josef Schlarmann setzt sich auch ausführlich mit der Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft in eine »sozialökologische Marktwirtschaft« auseinander, mit der zu Beginn des 21.Jahrhunderts eine neue Epoche der Wirtschaftspolitik begonnen hat. Kennzeichnend dafür sind insbesondere die Neuinterpretation des Begriffs »Wohlstand« im Sinne von Klimaneutralität und die politische Bereitschaft, sie mit staatlichen Zwangsmitteln - komme, was wolle - durchzusetzen.

Diplom Volkswirt Dr. Josef Schlarmann, geb. 1939, war beruflich als Rechtsanwalt, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer in Hamburg tätig. Bei dem bekannten Staatsrechtslehrer Herbert Krüger promovierte er zum Thema kooperativer Formen der Wirtschaftspolitik. Josef Schlarmann war seit seiner Studentenzeit politisch aktiv. Von 2005 bis 2013 war er Bundesvorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU/CSU (MIT) und Mitglied des Bundesvorstandes der CDU. Das politische Engagement von Josef Schlarmann galt dem deutschen Mittelstand und der Sicherung der Sozialen Marktwirtschaft als maßgebliche Wirtschaftsordnung. Hierzu hat er sich in den politischen Gremien in Berlin und den Printmedien immer wieder pointiert geäußert. Sein Wort zählt auch heute, wie die Zahl seiner Leser in den sozialen Medien zeigt.

 

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