Die Zeit der Stürme 1

Sarkozy, Nicolas

391 Seiten

29,80 €
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Leseprobe: Die Zeit der Stürme, S. 253-268 Ich beendete das Jahr, indem ich mit Carla ein paar Tage in Ägypten verbrachte. Dies war vielleicht nicht die beste Idee, weder hinsichtlich der Medien noch politisch, vor allem wegen der Fotos. Die Presse war hinter uns her. "Paris Match" titelte: "Die Verliebten vom Nil". Das war harmlos, aber ich verstehe, dass man sich darüber ärgern konnte. In Frankreich ist es ebenso verpönt, sein Glück zur Schau zu stellen wie seinen materiellen Reichtum. Von daher war es sicher unklug und unüberlegt. Doch diese fünf Tage sind für Carla und mich unvergesslich. Ich hatte einen ziemlich anstrengenden Wahlkampf hinter mir, vier knallharte Jahre in der Regierung mit Jacques Chirac und Dominque de Villepin, dann eine schwierige und schmerzliche Scheidung, allein deshalb, weil mein zehnjähriger Sohn Louis jetzt ein paar tausend Kilometer von mir entfernt war, und schließlich die wunderbare Begegnung mit Carla. Außerdem war ich seit ein paar Monaten für Frankreich verantwortlich! Ich brauchte wirklich ein wenig Luft zum Atmen. Ich dachte an das, was mir François Mitterrand über seine Liebe zu Ägypten gesagt hatte. Er wohnte regelmäßig im Palast-Hotel von Assuan, dem "Old Cataract", am Ufer des Nils. Von außen betrachtet, kann ich verstehen, dass uns dies Kritik, Neid und Angriffe eingebracht hat. Von innen betrachtet waren es Momente von Glück, Frieden und Heiterkeit. Nach allem, was ich erlebt hatte, war ich sicher, in Carla mein perfektes Alter Ego getroffen zu haben. Viele Stunden betrachteten wir den dahinfließenden Nil, wir besuchten die drei Königstäler von Luxor, gingen in die große Cheops-Pyramide. Ich lebte wieder auf. Natürlich bildeten sich Menschenansammlungen, wenn wir ausgingen. Wer einmal im Leben die Liebe kennengelernt hat, weiß genau, dass der Dichter immer recht hat: "Verliebte sind allein auf der Welt." Heftige Angriffe waren uns gleichgültig. Wir hatten nicht das Gefühl, irgendjemandem etwas wegzunehmen. Wir verhielten uns würdevoll. Nur jene konnten schockiert sein, die dachten - und das war ihr gutes Recht -, dass der Präsident kein Privatleben haben und noch weniger persönliche Gefühle zeigen durfte. Zu Recht oder zu Unrecht hatte ich mich entschieden, authentisch und transparent zu sein. Das Wort "entschieden" trifft es nicht ganz. Denn ich bin überzeugt, dass es keine Alternative gab. Da die Medien einfach überall sind, gibt es keine Grenzen zwischen privat und nicht privat. Man kann das bedauern, aber das ändert nichts. Davon zeugt das Missgeschick des Politikers Benjamin Griveaux. Er und seine Familie wurden durch die Veröffentlichung privater Fotos durch ein gieriges und skrupelloses Pärchen an den Pranger gestellt, aber die Medien, auch jene, die behaupteten, die Sache widere sie an, nutzten es zur Genüge aus. Ange-sichts der weiten Verbreitung dieser Geschichte wurde mir ganz übel. Sie empörten sich darüber und zugleich profitierten sie da-von. Auch die Fotos von François Hollande auf seinem Motorroller auf dem Weg zu Julie Gayet waren ein Beispiel für das Fallen jeglicher Grenzen. Im Nachhinein entsprach die Geschichte in der Rue du Cirque genau der Analyse, die Carla und ich damals vor-genommen hatten. Am 8. Januar 2008 gab ich eine Pressekonferenz im Élysée. Der zuverlässige Franck Louvrier leitete dieses sensible Ereignis, zusammen mit seinen Leuten von der PR-Abteilung, die immer effizient und professionell arbeiteten. Ihn unterstützte die unentbehrliche Véronique Waché. Sechshundert Journalisten waren anwesend. Zwei Stunden lang beantwortete ich ihre Fragen. Ich hatte mein Vorhaben angekündigt, der Politik eine zivilere Note zu geben. "Wenn Politik nicht zum Ausdruck bringt, was für ein Bild vom Menschen wir haben, wie wir seine Freiheit, seine Verantwortung, seine Würde sehen, was bedeutet sie dann? Nichts." Ich erläuterte in meiner Einführung im Detail, wie in diesem Jahr die Politik der Regierung aussehen sollte. Was die Leute interessierte und was sie sic

Nicolas Sarkozy, von 2007 bis 2012 Präsident der Französischen Republik, blickt zurück auf die Jahre seiner Amtszeit. Er lässt Ereignisse Revue passieren, von denen auch hierzulande viele in Erinnerung geblieben sind, wie z. B. die Befreiung von Ingrid Betancourt aus der Hand der kolumbianischen FARC-Rebellen, an der er maßgeblichen Anteil hatte, oder die Gründung der Mittelmeerunion, die eines seiner Herzensprojekte war. Er schildert sowohl seine mitunter amüsanten Begegnungen als auch die manchmal schwierigen Verhandlungen mit den großen Akteuren des politischen Welttheaters, allen voran George W. Bush, Wladimir Putin und Angela Merkel, deren Charaktere und politische Strategien er analysiert. Und er gibt tiefe Einblicke in den persönlichen und politischen Alltag eines französischen Staatschefs, der in bester Absicht, Dinge voranzubringen und Lösungen zu finden, zuweilen die Grenzen des ihm von Verfassung und öffentlicher Meinung gesteckten Handlungsrahmens verließ und damit die strengen Wächter französischer Politikkultur gegen sich aufbrachte. Mit Optimismus, Pragmatismus und Verbundenheit mit den Menschen Frankreichs, Europas und der Welt - die stets im Fokus seiner politischen Mission standen - meisterte er seine "Zeit der Stürme". Nicolas Sarkozy verfasste das Buch während des Corona-Lockdowns in Südfrankreich im Jahr 2020. Seine Erinnerungen nehmen direkten Bezug auf die Gegebenheiten und Geschehnisse der Gegenwart.

Ehemaliger Staatspräsident der Republik Frankreich

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Autor Sarkozy, Nicolas
Verlag Morstadt Verlag
ISBN 9783885713975
ISBN/EAN 9783885713975
Lieferzeit 5 Werktage(inkl . Versand)
Erscheinungsdatum 09.10.2020
Lieferbarkeitsdatum 24.09.2023
Einband Kartoniert
Format 3 x 21 x 13.5
Seitenzahl 391 S.
Gewicht 413

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Verlag Morstadt Verlag
ISBN 9783885713975
Erscheinungsdatum 09.10.2020
Einband Kartoniert
Format 3 x 21 x 13.5
Gewicht 413

Leseprobe: Die Zeit der Stürme, S. 253-268 Ich beendete das Jahr, indem ich mit Carla ein paar Tage in Ägypten verbrachte. Dies war vielleicht nicht die beste Idee, weder hinsichtlich der Medien noch politisch, vor allem wegen der Fotos. Die Presse war hinter uns her. "Paris Match" titelte: "Die Verliebten vom Nil". Das war harmlos, aber ich verstehe, dass man sich darüber ärgern konnte. In Frankreich ist es ebenso verpönt, sein Glück zur Schau zu stellen wie seinen materiellen Reichtum. Von daher war es sicher unklug und unüberlegt. Doch diese fünf Tage sind für Carla und mich unvergesslich. Ich hatte einen ziemlich anstrengenden Wahlkampf hinter mir, vier knallharte Jahre in der Regierung mit Jacques Chirac und Dominque de Villepin, dann eine schwierige und schmerzliche Scheidung, allein deshalb, weil mein zehnjähriger Sohn Louis jetzt ein paar tausend Kilometer von mir entfernt war, und schließlich die wunderbare Begegnung mit Carla. Außerdem war ich seit ein paar Monaten für Frankreich verantwortlich! Ich brauchte wirklich ein wenig Luft zum Atmen. Ich dachte an das, was mir François Mitterrand über seine Liebe zu Ägypten gesagt hatte. Er wohnte regelmäßig im Palast-Hotel von Assuan, dem "Old Cataract", am Ufer des Nils. Von außen betrachtet, kann ich verstehen, dass uns dies Kritik, Neid und Angriffe eingebracht hat. Von innen betrachtet waren es Momente von Glück, Frieden und Heiterkeit. Nach allem, was ich erlebt hatte, war ich sicher, in Carla mein perfektes Alter Ego getroffen zu haben. Viele Stunden betrachteten wir den dahinfließenden Nil, wir besuchten die drei Königstäler von Luxor, gingen in die große Cheops-Pyramide. Ich lebte wieder auf. Natürlich bildeten sich Menschenansammlungen, wenn wir ausgingen. Wer einmal im Leben die Liebe kennengelernt hat, weiß genau, dass der Dichter immer recht hat: "Verliebte sind allein auf der Welt." Heftige Angriffe waren uns gleichgültig. Wir hatten nicht das Gefühl, irgendjemandem etwas wegzunehmen. Wir verhielten uns würdevoll. Nur jene konnten schockiert sein, die dachten - und das war ihr gutes Recht -, dass der Präsident kein Privatleben haben und noch weniger persönliche Gefühle zeigen durfte. Zu Recht oder zu Unrecht hatte ich mich entschieden, authentisch und transparent zu sein. Das Wort "entschieden" trifft es nicht ganz. Denn ich bin überzeugt, dass es keine Alternative gab. Da die Medien einfach überall sind, gibt es keine Grenzen zwischen privat und nicht privat. Man kann das bedauern, aber das ändert nichts. Davon zeugt das Missgeschick des Politikers Benjamin Griveaux. Er und seine Familie wurden durch die Veröffentlichung privater Fotos durch ein gieriges und skrupelloses Pärchen an den Pranger gestellt, aber die Medien, auch jene, die behaupteten, die Sache widere sie an, nutzten es zur Genüge aus. Ange-sichts der weiten Verbreitung dieser Geschichte wurde mir ganz übel. Sie empörten sich darüber und zugleich profitierten sie da-von. Auch die Fotos von François Hollande auf seinem Motorroller auf dem Weg zu Julie Gayet waren ein Beispiel für das Fallen jeglicher Grenzen. Im Nachhinein entsprach die Geschichte in der Rue du Cirque genau der Analyse, die Carla und ich damals vor-genommen hatten. Am 8. Januar 2008 gab ich eine Pressekonferenz im Élysée. Der zuverlässige Franck Louvrier leitete dieses sensible Ereignis, zusammen mit seinen Leuten von der PR-Abteilung, die immer effizient und professionell arbeiteten. Ihn unterstützte die unentbehrliche Véronique Waché. Sechshundert Journalisten waren anwesend. Zwei Stunden lang beantwortete ich ihre Fragen. Ich hatte mein Vorhaben angekündigt, der Politik eine zivilere Note zu geben. "Wenn Politik nicht zum Ausdruck bringt, was für ein Bild vom Menschen wir haben, wie wir seine Freiheit, seine Verantwortung, seine Würde sehen, was bedeutet sie dann? Nichts." Ich erläuterte in meiner Einführung im Detail, wie in diesem Jahr die Politik der Regierung aussehen sollte. Was die Leute interessierte und was sie sic

Nicolas Sarkozy, von 2007 bis 2012 Präsident der Französischen Republik, blickt zurück auf die Jahre seiner Amtszeit. Er lässt Ereignisse Revue passieren, von denen auch hierzulande viele in Erinnerung geblieben sind, wie z. B. die Befreiung von Ingrid Betancourt aus der Hand der kolumbianischen FARC-Rebellen, an der er maßgeblichen Anteil hatte, oder die Gründung der Mittelmeerunion, die eines seiner Herzensprojekte war. Er schildert sowohl seine mitunter amüsanten Begegnungen als auch die manchmal schwierigen Verhandlungen mit den großen Akteuren des politischen Welttheaters, allen voran George W. Bush, Wladimir Putin und Angela Merkel, deren Charaktere und politische Strategien er analysiert. Und er gibt tiefe Einblicke in den persönlichen und politischen Alltag eines französischen Staatschefs, der in bester Absicht, Dinge voranzubringen und Lösungen zu finden, zuweilen die Grenzen des ihm von Verfassung und öffentlicher Meinung gesteckten Handlungsrahmens verließ und damit die strengen Wächter französischer Politikkultur gegen sich aufbrachte. Mit Optimismus, Pragmatismus und Verbundenheit mit den Menschen Frankreichs, Europas und der Welt - die stets im Fokus seiner politischen Mission standen - meisterte er seine "Zeit der Stürme". Nicolas Sarkozy verfasste das Buch während des Corona-Lockdowns in Südfrankreich im Jahr 2020. Seine Erinnerungen nehmen direkten Bezug auf die Gegebenheiten und Geschehnisse der Gegenwart.

Ehemaliger Staatspräsident der Republik Frankreich

 

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